Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

Schreyer

Quantifizierung des Zeitbedarfs von Umschlageinrichtungen im Güterverkehr

Die einfachste Art, Güter vom Versender zum Empfänger zu befördern, ist der ungebrochene Direkttransport mit einem Fahrzeug, das vor dem Transport beladen und im Anschluß daran entladen wird. Wechselt die Ladung unterwegs das Transportmittel, so spricht man von einer Transportkette mit einem zusätzlichen Unterwegsumschlag. Im wesentlichen gibt es drei verschiedene Gründe für die Errichtung von Umschlagsanlagen:

• Die Bewältigung der gesamten Strecke mit nur einem Fahrzeug ist aus geographischen oder anderen Gründen nicht möglich (z.B. Land - See - Transport)

• Die Nutzung spezifischer Vorteile unterschiedlicher Verkehrsträger auf Teilstrecken wiegt den Nachteil der zusätzlichen Umschlagsvorgänge auf (z.B. Langstreckentransport per Bahn, Flächenerschließung per Lkw)

• Zu geringes Ladungsaufkommen rechtfertigt keinen Direkttransport oder Skaleneffekte durch größere Fahrzeuge sollen genützt werden. Um die Auslastung zu erhöhen, muß gebündelt werden, sodaß längere Strecken mit gut ausgelasteten Fahrzeugen gefahren werden (z.B. Sammelladungsverkehr).

Die Vorteile des Lkw sind seine Flexibilität und Flächenerschließungsfähigkeit, denen die geringen Skaleneffekte, zunehmende Unberechenbarkeit (Stau) und ökologische Probleme gegenüberstehen. Die Stärke der Bahn ist ihre Massenleistungsfähigkeit, die Berechenbarkeit und der im Vergleich zum Lkw geringere Energieverbrauch. Um Wagenladungen zu kompletten Zügen zu bündeln, muß verschoben werden. Binnenschiffe zeichnen sich durch den geringsten Energieverbrauch aller Binnenverkehrsträger aus und sind aufgrund ihrer niedrigen Geschwindigkeit prädestiniert für den Transport transportkostenempfindlicher, aber zeitunkritischer Güter, nachteilig ist der stark beschränkte Einzugsbereich und die Abhängigkeit vom Wasserstand der Flüsse.

Im Gegensatz zu diesen drei im Wettbewerb zueinander stehenden Verkehrsträgern ist die Seeschiffahrt nur zu einem kleinen Teil durch Landverkehr substituierbar, zum größten Teil aber aufgrund der geographischen Bedingungen konkurrenzlos. Lediglich im Bereich hochwertiger, zeitkritischer Güter steht sie im Wettbewerb zum Luftverkehr. Die Beförderung als Luftfracht ist der teuerste, energieintensivste, aber mit Abstand schnellste Transportweg. See- und Lufttransport erfordern fast immer einen Vor- und Nachlauf auf dem Landweg.

Zur Rationalisierung des Umschlags im Rahmen muftimodaler Transportketten wurden standardisierte Ladeeinheiten wie Container, Wechselaufbauten oder Sattelauflieger eingeführt. Der Umschlag dieser Behälter des Kombinierten Verkehrs wird als mittelbarer Umschlag bezeichnet, der Umschlag der Ladung selbst als unmittelbarer Umschlag.

Die Untersuchung von Umschlagseinnchtungen und den zugehörigen Umschlagszeiten soll anhand von Fallbeispielen aus Praxis und Literatur, wobei sowohl bestehende als auch für die Zukunft geplante Anlagen berücksichtigt werden, ein möglichst breites Spektrum abdecken.

Generell stehen die Aspekte Manipulationszeit, Wartezeit für die Ladung, Aufenthaltszeit für das Fahrzeug und Entkopplung der beteiligten Verkehrsmittel für eine Quantifizierung und Beurteilung zur Verfügung. Umschlagszeiten spielen nicht nur aus der Sicht der Logistik eine Rolle, sondern auch für den wirtschaftlichen Einsatz der beteiligten Fahrzeuge. Entkopplung durch indirekten Umschlag (über das Lager) bedeutet, daß sich bringendes und holendes Fahrzeug nicht gleichzeitig in der Anlage aufhalten müssen.

Umschlagseinrichtungen für Stückgut haben nicht nur die Aufgabe, Güter von einem Fahrzeug in ein anderes zu laden, sondern müssen vor allem Teilladungen zu Komplettladungen zusammenstellen, eintreffende Komplettladungen trennen und gemäß ihren Bestimmungsorten sortieren. Daraus ergibt sich, daß der Umschlag üblicherweise indirekt stattfindet. Zusätzlich können weitergehende Dienstleistungen wie Lagerung, Verpackung, etc. angeboten werden. Stückgutterminals dienen als Schnittstelle zwischen Nah- und Fernverkehr sowie als Knotenpunkt in linienmäf3ig bedienten Netzen. Während die Aufenthaltszeit der Waren in der Anlage organisatorisch vorgegeben ist (Fahrplan, Warten auf ausreichendes Aufkommen), stellt die Aufenthaltszeit der Fahrzeuge (Lkw, Flugzeuge; Waggons,

Container etc. gelten dagegen als „kostenlos“) den bedeutendsten Zeitfaktor dar. Bei später Anlieferung oder früher Abholung ist auch die Mindestaufenthaltszeit im Terminal von Bedeutung.

Wichtigste Umschlagseinrichtungen für Schüttgut sind die Binnen- und Seehäfen. Um die unproduktiven Liegezeiten für das Schiff kurz zu halten, wird in der Regel indirekt über den Lagerplatz umgeschlagen. Schüttgut wird in der Regel als Komplettladung transportiert (ausgenommen große Schiffe mit geteilten Laderäumen. Bei unbemannten Binnenschiffs - Bargen ist die Liegezeit weniger kritisch, sodaß es auch zum direkten Umschlag Schiff - Lkw über eine größere Zeitspanne kommen kann.

Als Beispiel für den Umschlag von Fiüssigladung dienen die Erdölprodukte. Für den Transport von Flüssigladung existieren die ansonsten üblichen Transportketten nicht. Rohöl wird in Pipelines direkt von den Ölfeldern oder von den Häfen der Hochseetanker angeliefert, in Raffinerien verarbeitet und die Produkte mit Landverkehrsmitteln (Lkw, Bahn, Binnenschiff) verteilt. Die Leistungsfähigkeit der Anlage bestimmt die Aufenthaltszeit der Fahrzeuge.

Der mittelbare Umschlag von Containern im See- oder Binnenhafen ist gemäß der ursprünglichen Existenzberechtigung für diese Behälter dafür ausgelegt, die Hafenliegezeiten für die Schiffe zu minimieren.

Umschlagsanlagen für Behälter des Kombinierten Verkehrs zwischen Straße und Schiene dagegen sind derzeit gekennzeichnet dadurch, daß die Eisenbahnwaggons meist den ganzen Tag über im Terminal stehen und der größte Teil der Ladeeinheiten direkt zwischen Straßen- und Schienenfahrzeug umgeschlagen wird, wobei die Aufenthaltszeit für den Lkw im Terminal kurz gehalten werden soll. Für die Zukunft steht die Einführung von Linienzugsystemen zur Diskussion, bei denen nicht mehr verschoben wird, sondern die Behälter während kurzer Aufenthalte in Hochleistungsterminals umsteigen. Im Gegensatz zu den für aufkommensstarke Terminals prädestinierten teuren vertikalen Umschlagstechniken kommen horizontale Umschlagstechniken, die sich großteils noch in der Entwicklungs- bzw. Einführungsphase befinden, in dezentralen Kleinterminals zur Anwendung. Die Anforderungen unterschiedlicher Zugsysteme an die Umschlagstechnik und -zeit werden im letzten Kapitel separat diskutiert.