Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

Thomas Bertssch

WECHSELWIRKUNGEN VON VERKEHR UND ABFALL - ENERGIE- UND SCHADSTOFF-BILANZ DES ABFALLTRANSPORTS

Nach einer allgemeinen Themeneinführung und einer Darstellung der abfallwirtschaftlichen Grundlagen wurde die Kilometerleistung für die Entsorgung des System und Sperrmülls, dies entspricht einer Abfallmenge von 1,68 Millionen Tonnen je Jahr, berechnet. Ausgehend von dieser Kilometerleistung wurde die daraus resultierende Schadstoffbelastung mittels des Energieverbrauchs ermittelt sowie die Transportkosten abgeschätzt. In weiterer Folge wurde, basierend auf der Kilometerleistung der System/Sperrmüllentsorgung sowie der Entsorgungssituation sämtlicher Abfallfraktionen, eine grobe Abschätzung der Kilometerleistung der gesamten Abfallentsorgung sowie deren Folgewirkungen (Energieverbrauch, Schadstoffemissionen und Kosten) gemacht. Anschließend wurde dargestellt, daß billige Verkehrskosten dazu beitragen, Abfallverkehr entstehen zu lassen, und daß eine ökologische Steuergestaltung mit dem Ziel der Müllvermeidung ebenso wie eine Anpassung der derzeitigen Verkehrskosten an die tatsächlichen Kosten, welche gesamtwirtschaftlich zu Buche schlagen, die Abfalltransporte verringern kann. Im folgenden wurde die Situation der Altstoffsammlung, insbesondere aber der Kunststoffsammlung, seit Einführung der Verpackungsverordnung durchleuchtet. Weiters wurde die Erhöhung des Verkehrsaufwandes durch die Kunststoffsammlung im Rahmen der VerpackVO sowie die daraus resultierende Schadstoffmehrbelastung errechnet. Es wurde festgestellt, daß die VerpackVO eine Verwertungs-, nicht aber eine Vermeidungsverordnung darstellt, und somit das Verpackungsproblem nicht an den Wurzeln - der Abfall- oder Verpackungsentstehung - angegangen wird. Weiters werden die Auswirkungen der Automobilität auf das Konsumverhalten und das Abfallaufkommen dargestellt. Es wird aufgezeigt, wie durch eine entsprechende Stadtplanung mit autofreiem Wohnumfeld und Konzentration der Autoabstellplätze sowie der Müllsammelstellen bei den Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht nur die Lebensqualität verbessert, sondern auch das Verkehrs-, wie auch das Abfallproblem vermindert werden könnte. Die dargestellten Wechselwirkungen des Verkehrs‑ und des Abfallproblems zeigen sehr deutlich, daß der Ansatz, die Abfallproblematik durch den Bau ständig neuer Entsorgungs‑ und Recyclinganlagen beseitigen zu wollen genauso falsch ist, wie das Verkehrsproblem durch den Bau von immer mehr Straßen lösen zu wollen. Dadurch wird weder das eine, noch das andere Problem vermindert. Wahrscheinlich haben wir das Stoffproblem bislang vom falschen Ende her zu lösen versucht. Am Anfang der Produktionskette erlauben wir dem technischen Fortschritt, die Rohstoffsuche, den Abbau, die Veredelung und den Transport immer effizienter und billiger zu machen; eine Stufe weiter erlauben wir, daß die industrielle Verarbeitung der Stoffe zu Gebrauchsgütern ebenfalls immer effizienter und billiger wird. Der Berg von Waren, der sich vor dem Endverbraucher auftürmt, wächst daher unaufhörlich. Für eine tiefgreifende Änderung und Lösung brauchen wir mehr als nur ein verbessertes Entsorgungsmanagement, wir müssen die Stoffströme insgesamt kontrollieren und vor allem reduzieren. So kann es auch nicht Ziel einer modernen Umweltpolitik bzw. Abfallwirtschaft, welche die Minimierung sämtlicher schädlicher Einflüsse auf Mensch und Umwelt zum Inhalt hat (vgl. AWG), sein, daß Müll aufgrund einer Verordnung (VerpackVO) über weite Strecken transportiert wird. Müllvermeidung muß kompromißlos als oberster Grundsatz der Abfallwirtschaft betrachtet werden. Es muß eine Bewußtseinsänderung dahingehend bewirkt werden, daß Konsumgüter nicht nur Konsumgüter, sondern auch zukünftiger Müll sind. Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist die Unterscheidung zwischen "Ware" und "Abfall" übrigens unsinnig. Eine ökologische Preis- und Steuerpolitik, welche sämtliche Folgewirkungen eines Prozesses oder Produktes mit berücksichtigt, auch jene, welche gesamtwirtschaftlich zu Buche schlagen und von der Allgemeinheit getragen werden müssen, könnte sicherlich entscheidend dazu beitragen, sowohl die Verkehrs-, als auch die Stoffströme entscheidend einzudämmen. Das Schaffen fairer Marktbedingungen für Energiesparen, für Verkehrs- und Abfallvermeidung müssen die bestehenden Marktverzerrungen ablösen.