Herwig Schöbel
VERKEHRSKNOTEN WIEN ILLUSION UND REALITÄT?
Die politischen Veränderungen in Osteuropa stellen für den Wirtschaftsstandort Österreich sowie für die Europäische Union neue Herausforderungen dar. Die Verkehrspolitik der Europäischen Union verfolgt dazu eine verbesserte Koordinierung der nationalen Verkehrspolitiken der Mitgliedstaaten sowie eine Koordinierung aus gesamteuropäischer Sicht. Mit dem Entwurf der Leitlinien (1692/96/EG) für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) seitens der Union werden dazu die ersten Schritte gesetzt. Die TEN sollen dazu das Funktionieren des Binnenmarktes der Union unterstützen und eine Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts bewirken. Die Union ist ferner bestrebt, "einen auf Dauer tragbaren Personen- und Güterverkehr unter möglichst sozial- und umweltverträglichen sowie sicherheitsorientierten Bedingungen zu gewährleisten und alle Verkehrsträger unter Berücksichtigung ihrer komparativen Vorteile zu integrieren ". Durch die TEN sollen dazu am Rande gelegene Gebiete der Union besser an die zentralen Gebiete angebunden werden und eine Umgehung von großen Ballungsräumen ermöglichen. Für den Schienenverkehr steht vor allem die technische Harmonisierung der unterschiedlichen nationalen Systeme im Vordergrund. In einem weiteren Schritt sollen die TEN, vor allem hinsichtlich einer zukünftigen Osterweiterung der Union, zu einem paneuropäischen Verkehrsnetz weiterentwickelt werden. Die bereits definierten zehn "Kreta-Korridore" sollen dazu das Kernnetz für dieses Vorhaben bilden. Durch den TINA-Prozess wurden dazu mittlerweile die ersten umfangreichen Vorbereitungen initiiert. Seitens der Europäischen Union werden über den ISPA-Topf für dieses Vorhaben jährlich eine Billion Euro für die Beitrittskandidaten in einem Zeitraum bis zum Jahr 2006 bereitgestellt. Die Kommissionspolitik war im Bereich der TEN bisher nicht überaus konkret, da großes Augenmerk auf eine starke Betonung der Subsidiarität gelegt wurde. Die ursprünglich für Juni 1999 vorgesehene Revision der bestehenden TEN-Leitlinien soll nunmehr im Jahr 2000 durchgeführt werden. Als kardinaler Aspekt steht dabei ebenso die Positionierung der Stadt Wien auf überregionaler Ebene im Rahmen des Aufbaus der gesamteuropäischen Verkehrsnetze zur Diskussion, Einer Abstimmung der bestehenden Leitbilder in der gesamten Ostregion ist in dieser Hinsicht eine große Bedeutung beizumessen. Das Wiener Verkehrskonzept, das niederösterreichische Landesverkehrskonzept und die bestehenden Zielsetzungen im österreichischen Bundesverkehrswegeplan werden dazu einander gegenübergestellt. . Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet jedoch die Beschreibung der zukünftigen Netzeffekte im Landverkehr für den Verkehrsknoten Wien in einem Zeitraum bis zum Jahr 2015. Die Darstellung dieser Effekte erfolgt über ausgewählte Stadtregionen in den für Österreich und für die Ostregion maßgeblichen Wirtschaftsräumen, in einer Entfernung der Stadt Wien von rund 600 Kilometern, ergänzt um vier weitere bedeutende internationale Stadtregionen. Aus nationaler Sicht finden alle österreichischen Landeshauptstädte Berücksichtigung, mit Ausnahme der Landeshauptstadt Eisenstadt aufgrund ihrer geringen Einwohnerzahl. Die Darstellungen der Veränderungen für den Knoten Wien erfolgen über die Formulierung eines Verkehrswertmodells zum einen für jede der in das Modell mit einbezogenen 29 Stadtregionen, zum anderen nach den für Wien bedeutenden Verkehrsachsen. Untersuchungsgegenstand sind die Verkehrsträger Schiene und Straße. In die Formulierung fließen sowohl Kriterien der Erreichbarkeit wie auch die spezifischen Kosten der Fahrt, die jeweilige Einwohnerzahl der Stadtregion und der Motorisierungsgrad mit ein. Als Ergebnis werden die relativen Veränderungen der berechneten, Verkehrspotentiale für jede Stadtregion aufgezeigt und den ungewichteten Verkehrswerten gegenübergestellt. Die Ergebnisse für den Personenverkehr werden weiters in einer verkehrsträgerübergreifenden Form zum Ausdruck gebracht, die jeweiligen Veränderungen im betrachteten Zeitraum stehen dabei im Mittelpunkt. Eine Darstellung erfolgt dazu sowohl für jede Stadtregion, wie auch für die betrachteten Verkehrskorridore. Die Berechnungen für den Straßengüterverkehr folgen dem gleichen Schema; eine verkehrsträgerübergreifende Darstellung für den Güterverkehr wird jedoch nicht vollzogen. Des weiteren wird eine Gegenüberstellung von unterschiedlichen Fahrrouten vom Knoten Wien zu ausgewählten Stadtregionen durchgeführt wie auch eine Darstellung des Verkehrswertes als Kostenindikator für ein konkretes Straßenprojekt im österreichischen Abschnitt des betrachteten Nordkorridors.