Veronika Kreiseder
SYSTEMANALYTISCHER ANSATZ FÜR DIE NEUREGELUNG VON QUERUNGSHILFEN
Menschen nehmen, urn eine Aktivität außer Haus zu verrichten, zu bestimmten Zeiten am Verkehrsgeschehen teil. Die Wege, die sie dabei zurücklegen, können entweder durch eigene Muskelkraft oder mit Hilfe von (motorisierten) Verkehrsmitteln bestritten werden. Trotz steigender Motorisierung ist das zu Fuß gehen nach wie vor die wichtigste Fortbewegungsart. Das Grundbedürfnis des Fußgängers ist es, umwegfrei und sicher sowie mit möglichst geringer körperlicher Anstrengung an sein Ziel zu gelangen. Um dem zu entsprechen, sind kurze, sichere und bequeme Wege in ansprechender Umgebung erforderlich. Erzwungene Umwege, die Wartezeit vor Überquerung der Fahrbahn sowie die Gefährdung durch den motorisierten Individualverkehr stehen diesen Grundbedürfnissen oft gegenüber. Zunehmende Kfz-Verkehrsstärken und hohe Geschwindigkeiten erschweren das Queren der Fahrbahn. Aus diesem Grund sind, neben der ausreichenden Dimensionierung von Gehsteigen, Gehwegen und Warteflächen, Querungsstellen für Fußgänger, die auch den Anforderungen der im Straßenverkehr am meisten gefährdeten Personengruppen entsprechen, einzurichten. Die Qualität des Gehens wird nicht nur von der Art der Fußgängeranlage, dem Vorhandensein von Querungshilfen, der Vermeidung von Umwegen und der Zeitersparnis bestimmt. Ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität des Gehens ist vielmehr die Sicherheit der Fußgänger vor (Kfz)-Unfällen. Vor allem das Queren der Fahrbahn stellt ein hohes Gefahrenrisiko für den Fußgänger dar. Gründe dafür sind nicht angepasste Kfz-Geschwindigkeiten, verbunden mit einem verlängerten Anhalteweg, höherer Aufprallgeschwindigkeit Und dadurch höherem Verletzungsrisiko für Fußgänger. Aber auch Querungshilfen die nicht den aktuellen Sicherheits- und Qualitätsstandards, also nicht den Bestimmungen der RVS 3.12 Fußgängerverkehr entsprechen, stellen eine Gefahr für die Benützer dar. Die RVS (Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau) 3.12 enthält neben den Sicherheits- und Qualitätsstandards der verschiedenen Querungshilfen auch deren Einsatzkriterien. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die in dieser RVS enthaltenen Bestimmungen den Ansprüchen aller Verkehrsteilnehmer gerecht werden. Um diese Frage beantworten zu können wurden 17 Querungshilfen im Salzburger Landesstraßen L- und B-Netz untersucht. Anhand eingehender Erhebungen vor Ort, die sowohl verkehrliche, bauliche als auch umfeldbezogene Gegebenheiten berücksichtigten, konnten die Querungshilfen hinsichtlich Sicherheit, Befolgungsgrade und Verkehrsqualität bewertet werden. Die am häufigsten auftretenden Mängel sind überhöhte Kfz-Geschwindigkeiten, eingeschränkte Sichtverhältnisse und eine fehlende bzw. unzureichende Beleuchtung der Querungsstellen. Weiters konnte der Zusammenhang schlechter Befolgungsgrade bei Querungshilfen, die nicht in der Hauptwegerichtung liegen, bestätigt werden. Mangelhaft ist auch die teilweise nicht gegebene Anhaltebereitschaft der Fahrzeuglenker vor Schutzwegen. Dieser Umstand fiel besonders im Bereich der Schutzwege mit Fußgänger-Bedarfsampel auf. Auf Grundlage dieser Bewertungsergebnisse wurden Maßnahmen entwickelt. In einem ersten Schritt werden jene Maßnahmen angeführt, die in der RVS 3.961 (Vorgänger der RVS 3.12) und der RVS 3.12 enthalten sind, aber bei der Planung und Ausführung der Querungshilfen nicht ausreichend beachtet wurden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Maßnahmen, die die Kfz-Geschwindigkeiten reduzieren und Sichtverhältnisse verbessern. Aufgrund der allgemeinen Formulierung der in den RVS enthaltenen Maßnahmen, werden sie in einem weiteren Schritt ausformuliert bzw. durch andere Maßnahmen ergänzt. Aufbauend auf diesen Maßnahmen werden Empfehlungen für die Adaption der RVS 3.12 und Empfehlungen für die weitere Vorgehensweise der Salzburger Landesverkehrsplanung abgegeben. Alle Empfehlungen stehen vor dem Hintergrund, dass die meisten Querungsstellen planerische Einzelfälle sind, für die standort- und verkehrsspezifische Lösungen in einer Einzelfallbetrachtung gesucht werden müssen. Wichtig dabei ist eine ganzheitliche Gesamtkonzeption, die den Baukörper Querungshilfe in seiner Einbindung ins Verkehrsnetz und ins städtebauliche/soziale Umfeld betrachtet. Folgenden Empfehlungen sollen bei der Adaption der RVS 3.12 beachtet werden: Vor Planung einer Querungshilfe Durchführung einer Verkehrserhebung um einen Überblick über Wunschganglinien, Anzahl der Querenden, ihre Altersstruktur, die zeitliche Verteilung und den Wegezweck zu bekommen. Aufnahme begehbarer Mittelstreifen für linienhaften Querungsbedarf in die, in der RVS angeführten Beispiele für Querungshilfen. - Zur Reduktion der Kfz-Geschwindigkeiten vermehrte Ausführung von Fahrbahnverschwenkungen auf Landesstraßen L und B im Zuge von Ortseinfahrten. - Für angepasste Geschwindigkeiten im Bereich von Querungshilfen Reduktion der Fahrbahnbreite auf die Mindestbreite nach RVS. Einsatz von Wechselverkehrszeichen im Bereich von Querungshilfen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf wichtigen innerösterreichischen Verbindungsrouten. Übernahme der Bestimmung der R-FGÜ 2001132, in der es unter anderem heißt, dass Fußgängerübergänge (Schutzwege) nur auf Straßenabschnitten mit durchgängig zulässiger Höchstgeschwindigkeit von maximal 50 km/h angelegt werden dürfen. Fahrbahnteiler sind so auszuführen, dass das Verkehrszeichen Vorgeschriebene Fahrtrichtung die Sicht von und auf Fußgänger nicht verstellt. An Busbuchten sind Querungshilfen in Fahrtrichtung vor der Haltestelle anzulegen, damit die Sicht für und auf querungswillige Fußgänger nicht durch den haltenden Bus verdeckt wird. Einsatz von Vorankündigungen vor jeder Querungsstelle bei gleichzeitiger Entrümpelung' des Schilderwalds. - Berücksichtigung der Möglichkeit temporär gesteuerter Gelbblinkanlagen. - Verbindliche Beleuchtung aller Querungsstellen und Hinweis auf die Möglichkeit der Errichtung einer Adaptionsstrecke vor Querungen im Freiland. - Kein beschleunigendes Dauergrün für den Kfz-Verkehr bei Fußgänger-Bedarfsampeln. Fahrbahnverschmälerungen im Bereich von Schutzwegen mit VLSA zur Gewährleistung geringer Querungsdistanzen und somit auch geringerer Wartezeiten für den Kfz-Verkehr. Folgende Empfehlungen können für die weitere Vorgehensweise der Salzburger Landesverkehrsplanung abgegeben werden: - Überprüfung bestehender Querungsstellen im Hinblick auf Bedarf, Benützung und Ausführungsstandards. - Durchführung von Verkehrserhebungen vor der Wahl des Querungstypen bzw. vor Planung der Querungshilfe. - Vor Baubeginn Durchführung verbindlicher Verkehrssicherheitsprüfungen bei allen baulichen Veränderungen auf Landesstraßen L und B. Verstärkter Fokus auf Öffentlichkeitsarbeit, Bewusstseinsbildung und Verkehrserziehung. Ausarbeitung und Umsetzung eines Salzburger Verkehrssicherheitsprogramms mit Berücksichtigung der Tatsache, dass rein technische Ausbaumaßnahmen bzw. gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Fußgänger beim Queren nicht zur Sicherheitsverbesserung führen können, wenn das Verhalten der Fußgänger und Fahrzeuglenker nicht auf einem gemeinsamen und rücksichtsvollen Miteinander basiert.