Franz Stefan Grassl
Bereits seit vielen Jahren wird in Langenzersdorf immer wieder der Wunsch geäußert, den Ortskern zu beleben und den Menschen in der Gemeinde die Möglichkeiten zu geben, ohne motorisierte Unterstützung die Waren des täglichen Bedarfs einkaufen zu können.
Denkansätze dazu gibt es durchaus von den verschiedensten Gruppierungen und politischen Lagern. Nach Meinung des Verfassers kann es aber nur dann zielführend sein, wenn sich Gewerbebetriebe ohne Unterstützung und Subventionen von außen selber halten können. Das war in der Vergangenheit der Fall, eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Familienbetrieben hat in den Ortschaften über Generationen hin ihr Auskommen gefunden.
In der Gegenwart von einem Unternehmer zu verlangen, ein Geschäft in Form eines Nahversorgers in der Größe eines Greißlerbetriebes mitten in Langenzersdorf zu errichten, wäre unseriös da es von vornhinein zum Scheitern verurteilt ist. Wie die letzten Jahrzehnte der Chronik Langenzersdorfs eindeutig zeigen, war der Trend des Geschäftesterbens trotz aller nicht Bemühungen aufzuhalten.
Wichtig für die Zukunft ist es, das Verhalten des Einkäufers -und dieser ist der wesentliche Faktor, ob ein Geschäft rentabel ist oder nicht -immer im Zusammenhang mit Fragen der Mobilität und der Raumplanung zu diskutieren. Denn diese bilden den Schlüssel und sind die notwendigen Steuerungselemente. Jede Gemeinde, jede Region muss für sich selbst definieren: Will man große Handelshäuser forcieren, nach amerikanischen Vorbild richtige Schlafsiedlungen arrangieren und damit einen hohen Autoverkehrsanteil in Kauf nehmen oder legt man Wert auf Kleinbetriebe und eine verstärkte Durchmischung der Nutzungen, wobei dies auch zu Konflikten führen kann zwischen den Bedürfnissen der Wohnenden und derer der Gewerbetreibenden.
Wenn die Durchmischung der Strukturen von Wohnen und Handel erreicht werden soll, so muss eine Trendumkehr geschafft werden, und zwar nicht nur in großen Städten mit den Fußgeherbereichen, sondern auch in kleineren Ortschaften. Der Mensch muss sich zusehends auf seine ursprüngliche Fortbewegungsart besinnen, das Gehen. Der Fußgeher muss als Wirtschaftsfaktor voll anerkannt und nicht mehr, so wie oftmals üblich, milde belächelt werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Trendumkehr des Einkaufsverhaltens der Langenzersdorfer nur durch die verkehrsplanerische Umgestaltung des öffentlichen Raumes in Langenzersdorf geschafft werden kann.
Das bedeutet die Neuorientierung hin zu einer modernen Hauptstraße. Im ersten Schritt soll der Autoverkehrsanteil am Modal Split reduziert werden. Dazu bedarf es der Verschmälerung der Ortsdurchfahrt mit einer gleichzeitigen Drosselung der Geschwindigkeit, einer "Entschleunigung". 20 Stundenkilometer soll das Tempolimit betragen, der Radfahrer bewegt sich im Autoverkehr, und an den Seiten findet der Fußgeherverkehr möglichst großzügig Platz.
Da der Straßenverlauf geschwungen geführt werden soll, werden immer wieder Plätze geschaffen, die Aufenthaltsort für die Menschen und Ausstellungsort für die Wirtschaftsbetriebe sein sollen. Schematisch wird der Straßenverlauf in Plan Nummer 2 dargestellt.
Das Ziel ist es, die Entkoppelung von Einkauf und Autofahren zu erreichen, Zu diesem Zweck wird das Wohnen vom Parken getrennt, eine Sammelgarage wird auf den sogenannten "Schmatzergründen" (siehe Plan) geschaffen, und ermöglicht so, zwar das Auto zur Verfügung zu haben, aber vor der Autofahrt die Wahl zu haben, sich für ein anderes Mobilitätsverhalten zu entscheiden.
Hat der Autoverkehr im Zuge dieser Maßnahmen eine merkliche Abschwächung bekommen, so kann über die permanente Einführung einer Fußgeherzone nachgedacht werden, Diese bedeutet die absolute Autofreiheit auf Langenzersdorfs Hauptstraße, Ausnahme hierbei ist die Buslinie, die weiter mit reduzierter Geschwindigkeit entlang der B3 verkehren darf.
Durch die Reduktion der motorisierten Verkehrsstärke aufgrund der Zunahme des Fußgeherverkehrs und der damit zusammenhängenden Arbeitsplatzschaffung im Ortskern kann der restliche MIV über eine Einbahnstraßenregelung wie in Plan 1 dargestellt geführt werden.
Die architektonische Ausgestaltung ist grundsätzlich mit offenen Strukturen zu erreichen, die ein Regenwasserversickern an Ort und Stelle begünstigen, sowie einer Vegetation, die das Mikroklima positiv beeinflussen wird, Ausreichende Sitzgelegenheiten und Springbrunnen sollen zum Verweilen einladen und bieten den Menschen die Möglichkeit, den öffentlichen Raum endlich wieder als Treffpunkt zu benutzen.
Wenn das gelingt, kann das Leben wieder in die Ortschaften, laut dieses Konzepts eben hier nach Langenzersdorf, zurückkehren, Arbeitsplätze werden wieder vor Ort verfügbar und Kommunikation und sozialer Zusammenhalt im Ort werden wieder erlebbar. Im Sinne einer gesünderen Bevölkerung und eines lebenswerten Ortes wird die Luft sauberer und die Lärmbelastung zurückgedrängt.
Man ist keineswegs dazu verurteilt, hilflos dem Trend der Zeit zuzusehen, denn, wie der Verfasser gemeinsam mit seinem Kollegen aus dem Gemeinderat, Herrn Bernhard Rainer, zeigen konnte, diese Entwicklungen sind durchaus umkehrbar, Bereits durch die Einrichtung des Wochenmarktes, der anfangs auf große Skepsis auch innerhalb der Gemeinde gestoßen ist, ist es gelungen, Menschen in den Ortskern zu ziehen. Der Donnerstagvormittag, an dem der Wochenmarkt stattfindet, ist mit Sicherheit ein normaler Wochentag, an dem ein Großteil der Bevölkerung auswärts arbeiten geht, und dennoch findet der Markt beträchtlichen Anklang. Es ist nun an der Zeit, nachdem der Grundstock gelegt wurde, über einen zweiten Markttag am Samstagvormittag nachzudenken, um so einen noch größeren Zustrom der Bevölkerung zu gewinnen.
Die positiven Auswirkungen des Markttages machen sich rasch bemerkbar. Die Menschen beginnen, das Marktgeschehen wieder als Treffpunkt wahrzunehmen, Man geht einkaufen und trifft auf diesem Wege Bekannte, mit denen man direkt am Markt einen Kaffee genießt, oder sich im Kaffeehaus nebenan zusammensetzt, Der soziale Kontakt wird auf diese Art wieder zusehends gestärkt.
Ein weiterer Effekt des Marktgeschehens ist, dass hier wieder vermehrt zu Fuß einkaufen gegangen wird, natürlich in erster Linie von den Anrainern. Die Struktur eines Wochenmarkts entspricht in erster Linie dem Einkaufsverhalten des Fußgehers und des Radfahrers. Nach Meinung des Verfassers werden diese Mobilitätsarten in Zukunft die bedeutendsten sein, da sie kaum von Fremdenergien abhängig sind und damit vom Problem der Ressourcenknappheit unberührt bleiben womit sie genau im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung von Lebensräumen sind.
Die positiven Aspekte der Markteinführung lassen sich noch weiter ausweiten, wenn man konsequent Verkehrs- und Raumplanung für den Menschen und nicht für die Maschinen betreibt. Natürlich ist dies ein Prozess, der in Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten zu beschreiten sein wird, umso wichtiger wird es sein, nun weitere Schritte zur Umplanung der Verkehrsstrukturen in Langenzersdorf zu setzen.