Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

Stefanie Handler

Durch das immer höher werdende Verkehrsaufkommen des motorisierten Individualverkehrs (MIV) wird die Teilnahme am Straßenverkehr für Kinder zunehmend gefährlicher. Einerseits bedarf es für die sichere Verkehrsteilnahme physischer und psychischer Fähigkeiten, welche bei Kindern noch nicht vollständig ausgebildet sind. Dazu gehören beispielsweise die auditive und visuelle Wahrnehmung, das Gefahrenbewusstsein oder die Konzentrationsfähigkeit. Andererseits wird der Lebens- und Aufenthaltsraum von Kindern durch Barrieren wie stark befahrene Straßen zerschnitten. Die selbständige Mobilität von Kindern wird dadurch eingeschränkt, deren aktive Verkehrsteilnahme reduziert.

Obwohl die Zahl der im Stra8enverkehr verunglückten Schulkinder (6-14 Jahre) seit 1990 zurückgeht, verunglücken pro Jahr dennoch etwa 1.000 Schulkinder österreichweit als aktive Verkehrsteilnehmende (in Wien etwa 200) - das bedeutet, als zu Fuß Gehende, Radfahrende oder Lenkende von Spiel- und Sportgeraten. Besonders ab einem Alter von 10 Jahren, in dem auch die selbständige Mobilität zunimmt, steigen die Verunglücktenzahlen an.

Hauptunfallursachen sind Unachtsamkeit/Ablenkung bzw. Fehlverhalten von Fußgängerlnnen.

Die Verkehrssicherheit für Kinder zu erhöhen und den öffentlichen Raum kindgerechter zu gestalten, ist Ziel einer kinderfreundlichen Verkehrsplanung. Dazu gilt es Geschwindigkeiten zu reduzieren (z.B. mittels Tempo-30-Zonen) sowie Alternativen zum MIV anzubieten (z.B. Fußgängerzonen). Auch sollen ausreichend Bewegungs- und Spielraume sowie Grünflächen zur Verfügung stehen. Durch Beteiligung von Kindern in verkehrsplanerischen Belangen können deren Anforderungen und Bedürfnisse an den öffentlichen Raum direkt in dessen Gestaltung einbezogen werden.

Mittels Wegetagebüchern wurde das Mobilitätsverhalten von 10- bis 12-Jährigen auf dem Schulweg untersucht. Die Untersuchung erfolgte mit 15 Kindern im April 2016 in Wien. Damit sollte die Wahrnehmung des Verkehrsraumes durch diese Altersgruppe ermittelt, der Umgang der Kinder mit der Beteiligung an verkehrsplanerischen Aufgaben erprobt und die Anwendung der Methode reflektiert werden. Um Hintergründe und Motive zu Routen- und Verkehrsmittelwahl zu erhalten, wurden zusätzlich qualitative Interviews geführt. Außerdem wurden eine Literaturanalyse zur Ermittlung der für die Verkehrsteilnahme relevanten Fähigkeiten von Kindern (0-14 Jahre) sowie eine Unfallanalyse zum Aufzeigen des Unfallgeschehens von Schulkindern (6-14 Jahre) in Österreich durchgeführt.

Die Ergebnisse der beiden Beteiligungsmethoden zeigten, dass vor allem Grünflächen bzw. Orte mit Bäumen und Bepflanzung sowie Stellen, an welchen Freunde/Freundinnen getroffen werden, positiv angesehen werden. Negativ wahrgenommen werden hingegen häufig verkehrsbedingte Aspekte - fehlende Querungshilfen, schlechte Sichtbeziehungen, lange Wartezeiten. Straßenquerungen werden von den Kindern generell als eine der gefährlichsten Situationen im Straßenverkehr angesehen. Eine Rolle spielt auch die soziale Unsicherheit. Ablenkung, beispielsweise durch das Unterhalten mit Freunden/Freundinnen, sowie deren mögliche Auswirkungen im Straßenverkehr sind den Kindern hingegen nur zum Teil bewusst. Dennoch zeichnet sich bereits in diesem Alter, auch in unangenehmen Situationen, eine gewisse Sensibilität gegenüber Umwegen ab. Auch zeigt sich trotz des Überganges von Kind zu Jugendlichem und der zunehmend selbständigeren Mobilität, dass in der Altersgruppe noch ein erheblicher Einfluss der Eltern besteht, besonders hinsichtlich Routen- und Verkehrsmittelwahl.